artikeljuni2020
Komplexität durch Diversity –
Was bedeutet das für die Führung von Organisationen?
Was bedeutet das für die Führung von Organisationen?
Autor: Maya Bentele
Aus der Sicht einer Transaktionsanalytikerin aus dem Organisationsfeld(1) werde ich den Zusammenhang zwischen Diversity und Komplexität aufzeigen und daraus ableiten, was dies für die Führung von Organisationen bedeutet. Diese theoretischen Grundlagen nutze ich dann, um anhand einer Organisation, die aufgrund der Vielfalt ihrer Mitglieder, Aufgaben und ihrer Geschichte hoch komplex ist, zu beschreiben, was es für die Führung heisst, Diversität zu bewältigen.
Kurz zusammengefasst geht es bei Diversity vor allem um Vielfalt beziehungsweise um den Umgang mit Vielfalt. Vielfalt wird bezogen einerseits auf die Menschen (Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft), aber auch auf Werthaltungen und Erfahrungen, die Einfluss auf den Umgang miteinander sowie auf die gemeinsame Arbeit und Leistungserbringung haben. In einer Organisation sollen möglichst alle Menschen mit ihrer Vielfalt einbezogen und berücksichtigt werden. Auch soll Verschiedenartigkeit positiv besetzt sein und genutzt werden. Wird mit dieser Brille auf eine Organisation geschaut, erhöht sich die interne Komplexität der Organisation und damit ihre Fähigkeit mit extern induzierter Komplexität umzugehen.
Komplexe Systeme haben Merkmale, die so beschrieben werden können:
Übertragen auf Führung bedeutet dies, dass viele althergebrachte Führungstheorien und -konzepte nicht mehr hilfreich sind. Seit einigen Jahren wird deutlich, dass es neue Ansätze braucht, die den oben beschriebenen Voraussetzungen Rechnung tragen. Ein zentrales Thema bei diesen neuen Führungsansätzen ist die Kommunikation und Beziehungsgestaltung sowie die Haltung der Führungspersonen. Dazu bietet die Transaktionsanalyse hilfreiche Landkarten und Theorien, zum Beispiel Grundhaltungen*, Spiele* oder Strokes*.
Ausserdem werden je länger je mehr nicht mehr wie früher Funktionen, sondern Rollen beschrieben. Je nach Thematik sind unterschiedliche Rollen involviert mit den entsprechenden Kompetenzen und Entscheidungsmöglichkeiten. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden mehr einbezogen werden und damit mehr Verantwortung bekommen. Gleichzeitig braucht es gute Vereinbarungen bzw. Verträge* für die Entscheidungsfindung, für den Umgang mit Konflikten, für die Kommunikation usw. Wichtig sind auch eine gemeinsame Wertebasis und ein gemeinsam getragener Zweck der Organisation.
Für diese Art der Führung gibt es keine Tools oder Rezepte, auf die zurückgegriffen werden kann. Das bedeutet, dass ganz vieles gemeinsam neu gedacht und entwickelt werden muss. Dazu müssen oft bewährte Pfade verlassen und Lösungen zweiter Ordnung* entwickelt werden. Diese erfordern Mut und Experimente. Das bedeutet, dass alle – auch die Führung – bereit sein müssen, Bewährtes in Frage zu stellen und sich auf Prozesse einzulassen, von denen niemand im vornherein weiss wohin sie führen. Dies gelingt nur, wenn die Führungskräfte klare Visionen und Ziele für sich und die Organisation haben. Ausserdem müssen sie bereit sein, den Mitarbeitenden Verantwortung zu übergeben. Dabei müssen sie Vertrauen in deren Fähigkeiten sowie die Bereitschaft loszulassen haben.
Eine Organisation, die mit sehr viel Diversität umgehen muss, ist die EATA (European Association for Transactional Analysis). Bei der EATA handelt es sich um eine Non-Profitorganisation, die 1976 gegründet wurde, mit dem Ziel die zahlreichen Ausbildungen in Transaktionsanalyse zusammenzuführen, um deren Qualität und Standards zu vereinheitlichen. Ausserdem sollten die nationalen europäischen Verbände mit einer gemeinsamen Plattform gestärkt werden, damit sich die Theorie und Ausbildung der Transaktionsanalyse in Europa verbreiten konnte. Dabei war von Beginn an eine enge Kooperation mit den Verbänden auf anderen Kontinenten im Fokus. Die Ausbildung und Theorie der Transaktionsanalyse ist weltweit abgestimmt und koordiniert.
Seit Beginn war die Zusammenarbeit innerhalb und ausserhalb der EATA geprägt von einem kooperativen Ansatz, indem wichtige Themen gemeinsam diskutiert und entwickelt wurden. Die EATA ist inzwischen sehr stark gewachsen. Mittlerweile gehören ihr 44 Mitgliedverbände mit mehr als 7’550 Mitgliedern in 29 europäischen Ländern an.
Diese Ausgangslage bedeutet, dass die Organisation einen Umgang finden muss, um eine Vielfalt von Menschen, Kulturen, Themen und unterschiedlichen Bedürfnissen miteinander in Beziehung zu bringen und immer wieder Lösungen zu entwickeln, die für alle tragbar und umsetzbar sind. Das war und ist eine sehr grosse Herausforderung für die Führung, in diesem Fall ein Executive Committee (Vorstand) von sechs Personen. Da die EATA erfreulicherweise immer noch Zuwachs an Mitgliedern hat, wachsen die Herausforderungen ständig weiter.
Es zeigte sich in den vergangenen Jahren immer mehr, dass die jahrelang bewährten Führungsstrukturen je länger je mehr der Aufgabe, diese Vielfalt zu führen, nicht mehr gerecht wurden. Daher wurde ein Reorganisationsprozess angestossen, mit dem Ziel, die Führung neu zu gestalten. Dazu wurden zunächst viele Diskussionen mit den Delegierten(2) geführt. In diesem Austausch wurde klar, wie komplex die Strukturen der EATA und wie vielfältig die unterschiedlichen Themen und Interessen sind. Ausserdem wurde deutlich, dass Führung in verschiedenen Kulturen ganz anders verstanden werden kann.
Die Herausforderung war zu überlegen, wie diese hohe Komplexität unter Berücksichtigung der Anforderungen der Diversität geführt werden kann. Es benötigt einerseits viel Flexibilität, um mit den unterschiedlichen Ansprüchen und den anstehenden Entwicklungen gerecht zu werden. Andererseits braucht es für ein solches System auch verlässliche Strukturen, damit sich die Mitglieder orientieren können. Notwendig ist also Führung und Struktur, diese muss sich gleichzeitig ständig neuen Gegebenheiten anpassen können - eigentlich ein Widerspruch in sich.
Für die EATA-Führung war das oben beschriebene neue Führungsverständnis, das auf gemeinsam definierten und ausgehandelten Rollen beruht, eine gute Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Eine solide Basis dafür ist der gemeinsame Boden der Transaktionsanalyse sowie das Mission Statement der EATA(3). Gleichzeitig bleibt es eine Herausforderung immer wieder an den Verträgen zu arbeiten, damit es verbindliche Regeln für die unterschiedlichen Rollen gibt.
Zentrale Themen in diesen neuen Führungsansätzen sind die Kommunikation und die Beziehungsgestaltung. Diese sind in der EATA nicht ganz einfach umzusetzen, da alle Delegierten nur einmal im Jahr zusammenkommen. Wie kann eine stabile Beziehung entstehen, in der Kommunikation auch bei anspruchsvollen Themen gewährleistet werden kann? Dazu kommt noch, dass in den verschiedenen Committees und Task Forces (Arbeitsgruppen) Delegierte zusammenarbeiten, die räumlich weit voneinander entfernt sind. Wie können hier die Kommunikation und Beziehung gut gepflegt werden? Die neuen technischen Möglichkeiten bieten zwar eine Vielzahl von Möglichkeiten. Gleichzeitig haben diese natürlich auch ihre Grenzen oder sogar Tücken. Und nach wie vor kann auch die beste technische Lösung die sporadische persönliche Begegnung nicht ersetzen.
Viele Fragen, die im Zusammenhang mit diesem Prozess aufgetaucht sind, konnten nicht auf Anhieb beantwortet werden. Ein gemeinsamer Suchprozess war nötig, der seine Zeit benötigte. Dabei ist es normal, dass immer wieder neue Fragestellungen auftreten, die angegangen werden müssen. Dies zu akzeptieren und auszuhalten ist oft eine Herausforderung. Gelingt es der Führung, in diesem Fall dem Executive Committee der EATA, mit einer wertschätzenden Haltung innerhalb des Führungsteams und nach aussen mit den Herausforderungen umzugehen, dann kann es Vorbild sein und Halt geben im Prozess. Damit schafft das Executive Committee die Voraussetzungen dafür, dass der Prozess erfolgreich fortgeführt und implementiert werden kann.
Als ehemalige EATA-Delegierte der DSGTA war ich mitbeteiligt an diesem Prozess. Diesen habe ich als anspruchsvoll und gleichzeitig sehr bereichernd und befruchtend wahrgenommen. Solche Entwicklungen sind nie wirklich ganz abgeschlossen, sondern müssen laufend evaluiert und nachgesteuert werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Basis der TA hilfreich ist, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Es gibt viele hilfreiche TA-Konzepte zum Beispiel die bereits erwähnten Grundpositionen, Spiele, Strokes, die zur Reflektion und Stressreduzierung von allen Beteiligten beitragen können.
Aus der Sicht einer Transaktionsanalytikerin aus dem Organisationsfeld(1) werde ich den Zusammenhang zwischen Diversity und Komplexität aufzeigen und daraus ableiten, was dies für die Führung von Organisationen bedeutet. Diese theoretischen Grundlagen nutze ich dann, um anhand einer Organisation, die aufgrund der Vielfalt ihrer Mitglieder, Aufgaben und ihrer Geschichte hoch komplex ist, zu beschreiben, was es für die Führung heisst, Diversität zu bewältigen.
Kurz zusammengefasst geht es bei Diversity vor allem um Vielfalt beziehungsweise um den Umgang mit Vielfalt. Vielfalt wird bezogen einerseits auf die Menschen (Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft), aber auch auf Werthaltungen und Erfahrungen, die Einfluss auf den Umgang miteinander sowie auf die gemeinsame Arbeit und Leistungserbringung haben. In einer Organisation sollen möglichst alle Menschen mit ihrer Vielfalt einbezogen und berücksichtigt werden. Auch soll Verschiedenartigkeit positiv besetzt sein und genutzt werden. Wird mit dieser Brille auf eine Organisation geschaut, erhöht sich die interne Komplexität der Organisation und damit ihre Fähigkeit mit extern induzierter Komplexität umzugehen.
Komplexe Systeme haben Merkmale, die so beschrieben werden können:
Vernetzt – Jede Aktion oder Intervention wirkt in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlichen zeitlichen Auswirkungen.
Unüberschaubar – Die Aussengrenzen des Systems können nur willkürlich bestimmt werden.
Eigendynamisch – Es gibt ständige und stetige Veränderungen und Entwicklungen, auch ohne Einwirkungen von aussen.
Intransparent – Es gibt Fakten oder Daten, die schnell und genau mit Zahlen erfassbar sind (z.B. Anzahl Mitarbeitende), andere Informationen können nur ungenau oder nachträglich erschlossen werden (z.B. Motivation oder Befindlichkeit der Einzelnen).
Nicht streng determiniert – Reaktionen auf Stimuli erfolgen je nach innerem Zustand oder Wahrscheinlichkeit anders. Es gibt immer wieder Veränderungen, bei denen keine Ursache gefunden werden kann.
Instabil – Es entstehen plötzliche Brüche oder unerwartete Wirkungen. Kleine Unterschiede können auf einmal grosse Veränderungen hervorrufen.
Das bedeutet für den Umgang mit solchen Systemen, dass es keine Tipps und Tricks, im Sinne von Patentrezepten, gibt. Ein komplexes System ist nicht wirklich durchschau- und auch wirklich nicht steuerbar. Es kann höchstens in Teilen analysiert und kaum kontrolliert werden. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass im Einzelfall überlegt werden muss, welche Mechanismen für die Steuerung hilfreich sind. Da im Vorneherein auch unklar ist, was wie wirkt, muss immer wieder ausprobiert und nachgesteuert werden. Die Wahrung von Flexibilität ist dabei sehr wichtig.Übertragen auf Führung bedeutet dies, dass viele althergebrachte Führungstheorien und -konzepte nicht mehr hilfreich sind. Seit einigen Jahren wird deutlich, dass es neue Ansätze braucht, die den oben beschriebenen Voraussetzungen Rechnung tragen. Ein zentrales Thema bei diesen neuen Führungsansätzen ist die Kommunikation und Beziehungsgestaltung sowie die Haltung der Führungspersonen. Dazu bietet die Transaktionsanalyse hilfreiche Landkarten und Theorien, zum Beispiel Grundhaltungen*, Spiele* oder Strokes*.
Ausserdem werden je länger je mehr nicht mehr wie früher Funktionen, sondern Rollen beschrieben. Je nach Thematik sind unterschiedliche Rollen involviert mit den entsprechenden Kompetenzen und Entscheidungsmöglichkeiten. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden mehr einbezogen werden und damit mehr Verantwortung bekommen. Gleichzeitig braucht es gute Vereinbarungen bzw. Verträge* für die Entscheidungsfindung, für den Umgang mit Konflikten, für die Kommunikation usw. Wichtig sind auch eine gemeinsame Wertebasis und ein gemeinsam getragener Zweck der Organisation.
Für diese Art der Führung gibt es keine Tools oder Rezepte, auf die zurückgegriffen werden kann. Das bedeutet, dass ganz vieles gemeinsam neu gedacht und entwickelt werden muss. Dazu müssen oft bewährte Pfade verlassen und Lösungen zweiter Ordnung* entwickelt werden. Diese erfordern Mut und Experimente. Das bedeutet, dass alle – auch die Führung – bereit sein müssen, Bewährtes in Frage zu stellen und sich auf Prozesse einzulassen, von denen niemand im vornherein weiss wohin sie führen. Dies gelingt nur, wenn die Führungskräfte klare Visionen und Ziele für sich und die Organisation haben. Ausserdem müssen sie bereit sein, den Mitarbeitenden Verantwortung zu übergeben. Dabei müssen sie Vertrauen in deren Fähigkeiten sowie die Bereitschaft loszulassen haben.
Eine Organisation, die mit sehr viel Diversität umgehen muss, ist die EATA (European Association for Transactional Analysis). Bei der EATA handelt es sich um eine Non-Profitorganisation, die 1976 gegründet wurde, mit dem Ziel die zahlreichen Ausbildungen in Transaktionsanalyse zusammenzuführen, um deren Qualität und Standards zu vereinheitlichen. Ausserdem sollten die nationalen europäischen Verbände mit einer gemeinsamen Plattform gestärkt werden, damit sich die Theorie und Ausbildung der Transaktionsanalyse in Europa verbreiten konnte. Dabei war von Beginn an eine enge Kooperation mit den Verbänden auf anderen Kontinenten im Fokus. Die Ausbildung und Theorie der Transaktionsanalyse ist weltweit abgestimmt und koordiniert.
Seit Beginn war die Zusammenarbeit innerhalb und ausserhalb der EATA geprägt von einem kooperativen Ansatz, indem wichtige Themen gemeinsam diskutiert und entwickelt wurden. Die EATA ist inzwischen sehr stark gewachsen. Mittlerweile gehören ihr 44 Mitgliedverbände mit mehr als 7’550 Mitgliedern in 29 europäischen Ländern an.
Diese Ausgangslage bedeutet, dass die Organisation einen Umgang finden muss, um eine Vielfalt von Menschen, Kulturen, Themen und unterschiedlichen Bedürfnissen miteinander in Beziehung zu bringen und immer wieder Lösungen zu entwickeln, die für alle tragbar und umsetzbar sind. Das war und ist eine sehr grosse Herausforderung für die Führung, in diesem Fall ein Executive Committee (Vorstand) von sechs Personen. Da die EATA erfreulicherweise immer noch Zuwachs an Mitgliedern hat, wachsen die Herausforderungen ständig weiter.
Es zeigte sich in den vergangenen Jahren immer mehr, dass die jahrelang bewährten Führungsstrukturen je länger je mehr der Aufgabe, diese Vielfalt zu führen, nicht mehr gerecht wurden. Daher wurde ein Reorganisationsprozess angestossen, mit dem Ziel, die Führung neu zu gestalten. Dazu wurden zunächst viele Diskussionen mit den Delegierten(2) geführt. In diesem Austausch wurde klar, wie komplex die Strukturen der EATA und wie vielfältig die unterschiedlichen Themen und Interessen sind. Ausserdem wurde deutlich, dass Führung in verschiedenen Kulturen ganz anders verstanden werden kann.
Die Herausforderung war zu überlegen, wie diese hohe Komplexität unter Berücksichtigung der Anforderungen der Diversität geführt werden kann. Es benötigt einerseits viel Flexibilität, um mit den unterschiedlichen Ansprüchen und den anstehenden Entwicklungen gerecht zu werden. Andererseits braucht es für ein solches System auch verlässliche Strukturen, damit sich die Mitglieder orientieren können. Notwendig ist also Führung und Struktur, diese muss sich gleichzeitig ständig neuen Gegebenheiten anpassen können - eigentlich ein Widerspruch in sich.
Für die EATA-Führung war das oben beschriebene neue Führungsverständnis, das auf gemeinsam definierten und ausgehandelten Rollen beruht, eine gute Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Eine solide Basis dafür ist der gemeinsame Boden der Transaktionsanalyse sowie das Mission Statement der EATA(3). Gleichzeitig bleibt es eine Herausforderung immer wieder an den Verträgen zu arbeiten, damit es verbindliche Regeln für die unterschiedlichen Rollen gibt.
Zentrale Themen in diesen neuen Führungsansätzen sind die Kommunikation und die Beziehungsgestaltung. Diese sind in der EATA nicht ganz einfach umzusetzen, da alle Delegierten nur einmal im Jahr zusammenkommen. Wie kann eine stabile Beziehung entstehen, in der Kommunikation auch bei anspruchsvollen Themen gewährleistet werden kann? Dazu kommt noch, dass in den verschiedenen Committees und Task Forces (Arbeitsgruppen) Delegierte zusammenarbeiten, die räumlich weit voneinander entfernt sind. Wie können hier die Kommunikation und Beziehung gut gepflegt werden? Die neuen technischen Möglichkeiten bieten zwar eine Vielzahl von Möglichkeiten. Gleichzeitig haben diese natürlich auch ihre Grenzen oder sogar Tücken. Und nach wie vor kann auch die beste technische Lösung die sporadische persönliche Begegnung nicht ersetzen.
Viele Fragen, die im Zusammenhang mit diesem Prozess aufgetaucht sind, konnten nicht auf Anhieb beantwortet werden. Ein gemeinsamer Suchprozess war nötig, der seine Zeit benötigte. Dabei ist es normal, dass immer wieder neue Fragestellungen auftreten, die angegangen werden müssen. Dies zu akzeptieren und auszuhalten ist oft eine Herausforderung. Gelingt es der Führung, in diesem Fall dem Executive Committee der EATA, mit einer wertschätzenden Haltung innerhalb des Führungsteams und nach aussen mit den Herausforderungen umzugehen, dann kann es Vorbild sein und Halt geben im Prozess. Damit schafft das Executive Committee die Voraussetzungen dafür, dass der Prozess erfolgreich fortgeführt und implementiert werden kann.
Als ehemalige EATA-Delegierte der DSGTA war ich mitbeteiligt an diesem Prozess. Diesen habe ich als anspruchsvoll und gleichzeitig sehr bereichernd und befruchtend wahrgenommen. Solche Entwicklungen sind nie wirklich ganz abgeschlossen, sondern müssen laufend evaluiert und nachgesteuert werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Basis der TA hilfreich ist, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Es gibt viele hilfreiche TA-Konzepte zum Beispiel die bereits erwähnten Grundpositionen, Spiele, Strokes, die zur Reflektion und Stressreduzierung von allen Beteiligten beitragen können.
*Grundhaltungen oder Grundpositionen: Eric Berne beschreibt, dass Menschen früh Überzeugungen über sich selbst und ihre Umgebung entwickeln. Wahrscheinlich behalten Menschen diese Überzeugungen ein Leben lang bei. Sie lassen sich folgendermassen zusammenfassen:
Mit mir ist alles in Ordnung oder mit mir stimmt etwas nicht;
Mit dir hat es schon seine Richtigkeit oder mit dir ist etwas nicht in Ordnung.“
Daraus ergeben sich verschiedene Kombinationen und Stellungnahmen von Menschen zu sich selbst und anderen:
1. Mit mir hat es seine Richtigkeit, und du bist mir recht, so wie du bist;
2. Mit mir stimmt etwas nicht, du bist in Ordnung;
3. Ich bin in Ordnung, aber mit dir stimmt etwas nicht;
4. Mit mir stimmt etwas nicht, und mit dir ist auch etwas nicht in Ordnung.
Diese vier Ansichten sind bekannt als Grundhaltungen. Sie stellen die grundlegende Haltung dar, die jemand einnimmt, wenn es um den wahren Wert geht, den er sich und anderen zuschreibt. Diese Haltungen werden benutzt, um Entscheidungen oder Verhalten zu rechtfertigen.
*Spiele: Kommunikation und Beziehungsgestaltung, die nach einem bestimmten Muster ablaufen und von unbewussten Motiven der Beteiligten gesteuert werden. Sie haben einen vorhersehbaren Ablauf und enden für alle Beteiligten in der Regel unbefriedigend.
*Strokes: Berne verstand das ganze Leben als Austausch von Anerkennung, der vor allem im sozialen Kontakt entsteht. Dafür prägte er den Begriff „Stroke“. Im Englischen deckt dieser Begriff die Bandbreite von Streicheln bis Schlagen ab. Im Deutschen wird oft der Begriff „Zuwendung“ gebraucht. Berne definiert dieses Anliegen als Grundbedürfnis oder einen Grundhunger nach Anerkennung und Zuwendung. Damit sich Menschen gut entwickeln und gesund bleiben können, brauchen sie Strokes bzw. Zuwendung. Diese holen oder organisieren sie sich auf ganz unterschiedliche Weise.
Die verschiedenen Grundformen von Strokes: positiv bedingte und unbedingte Strokes: Ich mag dich, wenn…, ich mag dich! Negativ bedingte und unbedingte Strokes: Ich mag dich nicht, weil…; ich hasse dich! Jeder Stroke ist besser als keiner. Daraus folgt, dass Menschen, die zu wenig Strokes erhalten, sich negative Strokes organisieren.
*Verträge: In einem Vertrag werden konkrete Ziele für die gemeinsame Arbeit formuliert, die verständlich, verbindlich und für alle nachvollziehbar sind. Alle Beteiligten tragen Verantwortung für ihren Teil, wenn es um die Erfüllung der Vereinbarungen geht. Das führt zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Jede Form der Zusammenarbeit basiert in der Transaktionsanalyse auf einem Vertrag, meist einer mündlichen Vereinbarung.
*Lösungen erster Ordnung, Lösungen zweiter Ordnung: Watzlawick (Watzlawick et al, Lösungen, 1992) beschreibt im Zusammenhang mit Veränderungen Lösungen erster und zweiter Ordnung.
Lösungen erster Ordnung sind Veränderungen oder Lösungsansätze, die im ursprünglichen Denk- und Verhaltensmuster stattfinden. Oft ist es mehr desselben, was schon immer getan oder versucht wurde.
Lösungen zweiter Ordnung beinhalten eine wirkliche Neuerung, einen qualitativen Sprung. Sie bringen in einem System nachhaltige Veränderungen, die eine höhere Organisationsebene ermöglicht. Es werden neue Denkansätze und Verhaltensmuster möglich.
Fussnoten
1. In der Transaktionsanalyse werden vier Anwendungsfelder/Fachbereiche unterschieden: Beratung, Pädagogik/Erwachsenenbildung, Organisation und Psychotherapie
2. Die nationalen Verbände entsenden Delegierte des Verbandes (1-2 Personen pro Verband je nach Grösse des Verbandes) zu einer gemeinsamen jährlichen Konferenz (Council).
3. EATA Purpose:In our mission statement we say (among other things): 1 The purpose of the European Association for Transactional Analysis is the following: To promote knowledge and research on Transactional Analysis, to develop its theory, and to ensure agreed standards of practice. 2 To promote cooperation in Europe in the field of Transactional Analysis. 3 To connect the affiliated members of EATA through their national, regional, international or specialist TA Associations. (www.eatanews.org).
1. In der Transaktionsanalyse werden vier Anwendungsfelder/Fachbereiche unterschieden: Beratung, Pädagogik/Erwachsenenbildung, Organisation und Psychotherapie
2. Die nationalen Verbände entsenden Delegierte des Verbandes (1-2 Personen pro Verband je nach Grösse des Verbandes) zu einer gemeinsamen jährlichen Konferenz (Council).
3. EATA Purpose:In our mission statement we say (among other things): 1 The purpose of the European Association for Transactional Analysis is the following: To promote knowledge and research on Transactional Analysis, to develop its theory, and to ensure agreed standards of practice. 2 To promote cooperation in Europe in the field of Transactional Analysis. 3 To connect the affiliated members of EATA through their national, regional, international or specialist TA Associations. (www.eatanews.org).
Literaturhinweise
About EATA – EATA Organizational Structure, EATA (www.eatanews.org)
Bentele M. (2019): Halt und Haltung in der Führung: Der reflektierte Umgang mit sich selbst. In: Scheurenbrand (Hrsg.): Halt und Haltung – Reader zum 39. Fachkongress der Deutschen Gesellschaft für Transaktionsanalyse, 10.- 12. Mai 2019, Lindau. Lengerich: Pabst Science Publishers. (Seite 179 – 183).
Bentele M. & Weber M. (2015): Macht und Komplexität – Führung verändert sich. DSGTA info eins 15, S. 28 – 31.
Hüther G. (2015): Etwas mehr Hirn bitte – Eine Einladung zur Wiederentdeckung der Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen Gestalten. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht
Kaduk S., Osmetz D., Wüthrich H. & Hammer D. (2013): Musterbrecher – Die Kunst das Spiel zu drehen. Hamburg: Murmann Publisher.
Laloux, F. (2015): Reinventing Organizations – Ein Leitfaden zu Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. München: Franz Vahlen
Senge P. (1996): Die fünfte Disziplin – Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Stuttgart: Klett-Cotta.
Weber M. (2017): Die Welt im Umbruch – Folgerungen für das Management von Organisationen. DSGTA info eins 17, S. 17 – 21.
Watzlawick et al. (1975): Lösungen.: Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels. Bern Stuttgart Wien: Verlag Hans Huber.
Wüthrich H. (2018): Führen als Profession. Referat anlässlich des DSGTA Kongresses 2018 in Luzern.
Zeuch A. (2015): Alle Macht für Niemand – Aufbruch der Unternehmensdemokraten. Hamburg: Murmann Publishers.
Maya Bentele
dipl. Psychologin FH/SBAP, Lehrende und Supervidierende Transaktionsanalytikerin TSTA in den Bereichen Organisation und Beratung.Dolderstrasse 24, CH-8032 Zürich, www.bentele.ch, maya@bentele.ch
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